Newsletter 04-2020

Deutschland: Umsatzsteuerliche Behandlung von Miet- und Leasingverträgen als Lieferung oder sonstige Leistung

28.04.2020

Kanzlei: Dr. Kleeberg & Partner GmbH, WPG/StBG / Autor: Frank Behrenz - Leiter Spanish & LatAm Desk, München / Bereich: Umsatzsteuer und Zölle

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Miet- und Leasingverträge können umsatzsteuerlich entweder als Lieferung oder als sonstige Leistung zu beurteilen sein. Eine Lieferung liegt vor, wenn die Verfügungsmacht an einem körperlichen Gegenstand, an Sachgesamtheiten und Wirtschaftsgütern verschafft wird, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden. Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind, also insbesondere die Überlassung des Gebrauchs und der Nutzung von Gegenständen auf Zeit oder die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten und immateriellen Wirtschaftsgütern (wie z.B. Kundenstamm). 

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte mit Urteil v. 4.10.2017 (C-164/16, Mercedes-Benz Financial Services UK Ltd) entschieden, dass die in Art. 14 Abs. 2 Buchst. b MwStSystRL verwendete Formulierung „Mietvertrag, der die Klausel enthält, dass das Eigentum unter normalen Umständen spätestens mit Zahlung der letzten fälligen Rate erworben wird“ dahin auszulegen ist, dass für die Annahme einer Lieferung zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Zum einen muss der Vertrag, aufgrund dessen die Übergabe des Gegenstands erfolgt, ausdrücklich eine Klausel zum Übergang des Eigentums an diesem Gegenstand vom Leasinggeber auf den Leasingnehmer enthalten. Diese Voraussetzung sieht der EuGH als erfüllt an, wenn der Vertrag eine Kaufoption für den Leasinggegenstand vorsieht. Zum anderen muss aus den – zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung und objektiv zu beurteilenden – Vertragsbedingungen deutlich hervorgehen, dass das Eigentum am Gegenstand automatisch auf den Leasingnehmer übergehen soll, wenn der Vertrag bis zum Vertragsablauf planmäßig ausgeführt wird. Der Vertrag darf dem Leasingnehmer keine echte wirtschaftliche Alternative in dem Sinne bieten, dass er zu dem Zeitpunkt, an dem er eine Wahl zu treffen hat, je nach Interessenlage den Gegenstand erwerben, zurückgeben oder weiter mieten kann. Bei einer im Vertrag enthaltenen – formal zwar völlig unverbindlichen – Kaufoption ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn angesichts der finanziellen Vertragsbedingungen die Optionsausübung zum gegebenen Zeitpunkt in Wirklichkeit als einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit für den Leasingnehmer erscheint. 

Die bisherige umsatzsteuerliche Beurteilung von Leasing- und Mietverträgen im sog. Umsatzsteueränderungserlass (UStAE) stand teilweise nicht im Einklang mit der EuGH-Entscheidung. In einem Schreiben v. 18.3.2020 (BMF  III C 2 -S 7100/19/10008 :003, DOK 2020/0256754) hat das Bundesfinanzministerium diese Regelungen nun an die Rechtsprechung des EuGH angepasst, die in allen offenen Fällen anzuwenden sind. Sonderregelungen gelten für das sog. Cross-Border-Leasing, soweit sich dieses nach dem Recht eines anderen EU-Mitgliedstaates richtet. Für vor 18.3.2020 abgeschlossene Leasing- und Mietverträge wird es jedoch – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn die Beteiligten übereinstimmend die bisher geltenden Regelungen des UStAE anwenden.