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Neuerwachen des spanischen Sektors für Biogas und Biomethan: Die nächsten Jahre sind entscheidend

05.06.2024

Der Biogassektor in Spanien hat in den letzten 20 Jahren mehrere Auf und Abs erlebt. Als 2007 das Königliche Dekret 661/2007 verabschiedet wurde, profitierten Biogasanlagen vom neu eingeführten Einspeisevergütungssystem für erneuerbaren Strom und die Technologie erlebte einen Boom. Allerdings dauerte dieser nur wenige Jahre an. 2013 wurden die Einspeisevergütungen mit dem RD Ley 9/2013 de facto abgeschafft. Bis 2021 lag der Sektor brach. Seit Februar 2022 ist der Sektor nun neu aufgemischt.

Bis 2021 wurden Biogasanlagen mehrheitlich als thermische Anlagen oder zur Selbstversorgung gebaut, der Markt stagnierte aufgrund fehlender Investitionssicherheit. 2023 waren in Spanien rund 260 Biogasanlagen in Betrieb, in ganz Europa fast 19.000.

Seit Februar 2022 ist der Sektor nun neu aufgemischt. Der Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine stellte europaweit die Energiemärkte auf den Kopf und führte den Ländern, allen voran Deutschland, die Abhängigkeit vom russischen Erdgas vor Augen. Man suchte nach Alternativen und schien sich wieder an die Möglichkeiten und Vorteile zu erinnern, die heimisches Biogas und Biomethan als Alternative zum Erdgas bieten.

Im Jahr 2022 legte das spanische Ministerium für den ökologischen Wandel (MITECO) einen Biogas-Fahrplan (Hoja de Ruta del Biogás) vor, in dem die Herausforderungen und Chancen für die Entwicklung dieses Gases erneuerbaren Ursprungs dargelegt und eine 3,8-fache Steigerung der Produktion bis 2030 auf über 10,4 TWh vorgeschlagen wurde. In diesem Plan wurden jedoch keine Produktions- und Verbrauchsziele festgelegt, die mit denen anderer Länder der Region vergleichbar wären.

Dank der enormen landwirtschaftlichen Ausdehnung des Landes mit fast 25 Millionen Hektar Fläche und eines sehr starken landwirtschaftlichen Verarbeitungssektors - Spanien ist in Europa führend in der Produktion von Öl, Wein, Eiern, Schweinefleisch und Geflügel, verfügt Spanien über eines der größten Biomethanpotenziale in Europa, das jedoch noch nicht voll ausgeschöpft wird.

Verschiedene Berichte und Studien, wie die von PwC durchgeführte und von der Naturgy-Stiftung veröffentlichte Studie ‘El biogás y el biometano como palanca clave en la descarbonización de la economía española’  („Biogas und Biomethan als wichtiger Hebel für die Dekarbonisierung der spanischen Wirtschaft“), kommen zu dem Schluss, dass das tatsächliche Potenzial von Biogas und Biomethan in Spanien sehr viel höher ist als das vom Ministerium veranschlagte. Sedigas (Spanischer Gasverband) schätzt in seinem Bericht das potenzielle Produktionsvolumen dieses grünen Gases in Spanien gar auf 163TWh pro Jahr, was einer Deckung von 45 % des nationalen Erdgasbedarfs entsprechen würde. Dies würde die Inbetriebnahme von 2.326 Anlagen mit einer damit verbundenen Investition von 40.500 Millionen Euro - 3,6 % des BIP - und die Schaffung von 62.000 direkten und indirekten Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit ihrem Bau und ihrer Wartung bedeuten.

Bisher steht Spanien allerdings noch ganz am Anfang. Von den 260 Biogasanlagen, die 2023 in Spanien in Betrieb waren sind 75 % an Kläranlagen, Mülldeponien und städtische Abfallanlagen angeschlossen. In diesen Anlagen ist Biogas quasi nur ein Nebenprodukt der Wasser- und Abfallbehandlung, das natürlich auch genutzt wird, aber nicht die prioritäre Einnahmequelle darstellt. Das in Europa am weitesten entwickelte agroindustrielle Biogas, das aus Gülle, Abfällen von Ölmühlen, Schlachthöfen und Abfällen der Agrar- und Ernährungsindustrie gewonnen wird, muss in Spanien erst noch weiterentwickelt werden. In Spanien gibt es nur rund 60 Anlagen dieser Art, obwohl das Potenzial bei Hunderten liegt.

Bezüglich Biomethananlagen berichtet Gasnam (Iberischer Verband, der die Nutzung von Erdgas und erneuerbarem Gas in der Mobilität fördert) auf seiner Webseite von 13 sich in Betrieb befindlichen Anlagen. Der Anteil von Biomethan an den Gesamtanlagen liegt somit bei ca. 5% und damit in ähnlichen Rängen wie das europäische Verhältnis von Biogas- und Biomethananlagen (19.000 vs. 1.300). Gasnam weist außerdem die Standorte von 25 Anlagen aus, die sich im Bau befinden, 87 sind in der Projektierungsphase. Laut PwC gibt es sogar etwa 200 Projekte, die landesweit entwickelt werden sollen.

Die europäische REPowerEU-Strategie verfolgt das Ziel, bis 2050 ein energieunabhängiges Europa zu schaffen, wobei Biomethan eine entscheidende Rolle bei der Diversifizierung der Gasversorgung und der Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen spielen wird. Damit die Europäische Union ihr Ziel von 35 Mrd. Kubikmetern Biomethan im Jahr 2030 erreichen kann, muss Spanien in den kommenden Jahren zahlreiche Anlagen bauen. Dies würde einen großen Teil des agroindustriellen und des Verkehrssektors zu dekarbonisieren. Laut Vertretern des Biogasverbandes AEBIG könnten dank Biomethan Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen und viele Millionen an Investitionen mobilisiert werden, die zudem in dem als „leeres Spanien“ (La España vacía) bekannten Hinterland getätigt werden würden.

Erneuerbare Gase, insbesondere Biomethan, sind einer der offensichtlichsten Eckpfeiler der Kreislaufwirtschaft, da sie erneuerbare Energie liefern, die Abfallverwertung erleichtern und gleichzeitig als Biodünger dienen, die arme ausgetrocknete Böden mit organischer Substanz und Wasserbindefähigkeit versorgen. Diese Integration von Funktionen zeigt, wie ein Problem (organische Abfälle) in wertvolle Ressourcen umgewandelt werden kann und so die ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit fördert.

In diesem Zusammenhang soll auch darauf hingewiesen werden, dass sich die Branchenvertreter am 1. und 2. Oktober 2024 im Messe- und Kongresszentrum in der Stadt Valladolid (Region Kastilien-Leon) treffen werden. Zum vierten Mal findet dort der „Salón del Gas Renovable“ statt. Eingerahmt wird die Messe vom Internationalen Bioenergiekongress, der ausschließlich dem Sektor der erneuerbaren Gase gewidmet ist.

Deutschland ist bei dieser Ausgabe Gastland der Messe und wird mit vielen Firmen vor Ort vertreten sein. Valladolid ist auch das Ziel der Geschäftsreise Biogas, die die AHK Spanien im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen der Exportinitiative Energie für deutsche KMUs durchführt. 

 

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